Historische Stadthäuser mit Fensterläden und Balkonen – Symbolbild für urbane Mietverhältnisse und Wohnungseigentum in Altbauten

Eigenbedarfskündigung: Härte des Vermieters oder Mieters?

Bei einer Eigenbedarfskündigung ist von Gerichten häufig eine Härte zu prüfen. Das Amtsgericht (AG) Brandenburg befasste sich nun mit dem Fall, wenn sowohl Vermieter als auch Mieter eine Härte geltend machen (Urteil vom 27. März 2025, Az.: 30 C 99/23).

Der Fall

Eine Vermieterin kündigte der langjährigen Mieterin einer Wohnung im 1. Obergeschoss, weil die Vermieterin die Wohnung für ihre schwer erkrankte Schwester und deren Familie benötigte. Die Schwester der Vermieterin konnte aufgrund der erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen ihre bisherige Wohnung im 5. Obergeschoss desselben Hauses ohne Fahrstuhl nicht mehr nutzen. Eine alternative Wohnung stand der Familie nicht zur Verfügung.

Die Mieterin, selbst gesundheitlich beeinträchtigt, widersprach der Kündigung mit Hinweis auf eine unzumutbare soziale Härte, da sie unter anderem an chronischen Schmerzen und Depressionen leide und mit Bezug auf die Wohnung seit Jahren fest in ihrem sozialen Umfeld verankert sei.

Das Urteil

Das Gericht bestätigte die Wirksamkeit der Eigenbedarfskündigung. Es stellte klar, dass auch eine Härte auf Vermieterseite im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen sei. Dabei stuften die Richter die konkreten gesundheitlichen Einschränkungen der Schwester der Vermieterin und ihr nachvollziehbarer Wunsch, mit ihrer Familie nahe der pflegebedürftigen Mutter zu wohnen als gravierender ein als die abstrakte Gefährdungslage aufseiten der Mieterin.

Zudem habe die Mieterin keine ausreichenden Anstrengungen zur Wohnraumsuche über einen längeren Zeitraum nachgewiesen. Auch finde die gesetzlich vorgesehene soziale Rücksicht auf Mieter ihre Grenze, wenn Vermieter überzeugend darlegen, dass ihnen ein Verbleib der Mieter nicht mehr zumutbar ist.

Juristische Tipps

In der juristischen Beratung von Vermietern und Mietern sehe ich bei Eigenbedarfskündigungen immer wieder die gleichen Herausforderungen. In der Praxis haben sich folgende Tipps als erfolgsversprechend erwiesen:

  • Vermietern rate ich, Eigenbedarf sachlich und zugleich nachvollziehbar zu begründen. Es reicht eben nicht, nur „ich brauche die Wohnung“ zu schreiben. Dabei müssen natürlich keine persönlichen Details bekanntgegeben werden und personenbezogene Daten von Dritten – insbesondere gesundheitliche – sind (ohne eine entsprechende Einwilligung) in jedem Fall zu vermeiden. Bei einer gerichtlichen Prüfung muss die Eigenbedarfskündigung jedoch ausreichend darlegen, worin der Eigenbedarf liegt.
  • Mieter sollten bei einem Widerspruch gegen eine Eigenbedarfskündigung sorgfältig dokumentieren, welche konkreten gesundheitlichen oder sozialen Härten bestehen und wie sie sich (seit Eingang der Kündigung) um Ersatzwohnraum bemüht haben. Ein Einfaches „ich finde nichts“ reicht auch hier selten aus.

Aus meiner anwaltlichen Erfahrung zeigt sich: Wer gut vorbereitet ist, hat vor Gericht die besseren Karten – ob auf Mieter- oder Vermieterseite.

Porträt von Rechtsanwältin Vassiliki Siochou – spezialisiert auf Immobilienrecht und Mediation

Vassiliki Siochou

Rechtsanwältin

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